23.09.2015
Wie erklärt sich die Kreuzform in der Ostkirche?
Warum haben Kreuze in der Ostkirche oft drei Querbalken, von denen einer am Fuß des Kreuzes auch noch diagonal steht? G. L., 25746 Heide
Charakteristisch für den östlichen Ritus ist die Betonung der Dreifaltigkeit, die sich auch in den Kreuzen widerspiegelt. Traditionell besteht das russisch-orthodoxe Kreuz aus drei Strichen oder drei Querbalken, von denen der mittlere am längsten ist, während der untere schräg gestellt wird.
Der große Querbalken ist der, an den Christi Hände festgenagelt wurden – so weit ist alles bekannt. Bis hierher ist es dem Lateinischen Kreuz gleich. Hinzu kommt nun noch ein kleiner Querbalken, der am oberen Teil des Kreuzes zu finden ist. Dieser stellt das Schild dar, auf den Pilatus den Urteilsspruch „INRI“ (Jesus von Nazaret, König der Juden) schrieb: „Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen. Die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der Juden König.“ (Joh, 19,19).
Der untere schräge Balken erinnert ebenfalls an die Passionsgeschichte aus der Bibel: Als Jesus gekreuzigt wurde, gab es auch einen Fußbalken, auf dem er sich abstützen konnte. Die Nägel alleine hätten seinen Körper nicht halten können. Die schräge Lage des Balkens erinnert gleichzeitig an die Geschichte von den zwei Verbrecher, die zur Rechten und zur Linken von Jesus gekreuzigt wurden.
Die Diagonale des Balkens symbolisiert, welcher Verbrecher aufgrund seiner Reue in den Himmel aufgenommen und welcher aufgrund seiner Schmähung Jesu verdammt wurde (Lk 23,39-43).
Das orthodoxe Kreuz ist also eine Weiterentwicklung der alten Kreuzsymbolik – und zugleich eine Erinnerung an die Geschichte der Kreuzigung. Und das zeigt, wie unterschiedlich das Kreuz gedeutet werden kann.
Von Anna Eckart