03.03.2015
Infos gegen Monster
Von Roland Juchem
Die Vier-Buchstaben-Monster gehen um: TTIP, CETA, TiSA – wie früher GATT – Abkürzungen für Freihandelsabkommen, über die kaum einer etwas weiß, vor denen sich aber viele fürchten: Führt freier Handel zu gegenseitiger Bereicherung oder räumt er die Bahn frei für die Großen der Wirtschaft, die sich noch ungehemmter ausbreiten? Das etwa werfen Kritiker dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA von 1994 zwischen USA, Mexiko und Kanada vor.
Eines ist klar: Wer sich äußern will, muss informiert sein. Allein der ausgehandelte Vertragstext für das kanadisch-europäische CETA-Abkommen hat über 1600 DIN-A4-Seiten Text. Mit ein paar Schlagwörtern – ob dafür oder dagegen – ist es nicht getan. Es geht um hoch komplexe juristi-sche, technische, wirtschaftliche sowie politische Prozesse.
Wer dabei mitmischen will, muss über viel Geld verfügen, damit er qualifizierte Juristen und Ingenieure in die Verhandlungen oder Lobbyisten in die Regierungsviertel schicken kann. Das können nur große Konzerne und Verbände. Oder er muss über politische Macht verfügen und demokratische Legitimation, die er laufend erwerben muss.
Denn bei CETA, TTIP und
TiSA geht es nicht nur um Handel und Wirtschaft. Diese Abkommen können unsere gesamten Gesellschaften dies- und jenseits des Atlantiks verändern. Und deswegen sind diese Gesellschaften auch keine dritten Parteien, die aus diplomatischen und verhandlungstaktischen Gründen ausgeschlossen werden können.
Als Betroffene müssen wir informiert werden und mitreden können – von Anfang an. Das liegt im Interesse des Gemeinwohls und beugt Fehlentwicklungen vor.
Demokratische Politiker, die all das vergessen, verspielen ihre Legitimation. Wer öffentlich relevante Informationen zurückhält, verhält sich wie ein Despot. Dass die konkreten Inhalte von CETA erst kurz vor Verhandlungsende
durch Wikileaks bekannt wurden, dass erst im November 2014 die neue EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström einräumte, es sei ein Fehler, TTIP geheim zu verhandeln, muss bedenklich stimmen. Ermutigend ist, dass die EU – und in gewisser Weise auch die USA – ihre Themen, Positionen und Unterlagen nun stärker bekannt machen. Und wir brauchen noch mehr Öffentlichkeit.
Allerdings folgt daraus, um es noch mal zu sagen: Wer sich kritisch äußert – und Kritikpunkte gibt es genug –, muss sich auch gründlich informieren, sollte sachlich argumentieren und darf nicht bloß mit Schlagwörtern und unbegründeten Horrorszenarien um sich werfen.